L. Reitmaier-Naef, R. Turck, Ph. Della Casa: Universität Zürich, Institut für Archäologie, FB Prähistorische Archäologie*
Ausgangslage
Das Oberhalbstein zwischen Tiefencastel und Julierpass ist seit längerer Zeit aufgrund seiner Fundlage und Datierungen als prähistorisches Kupferbergbaugebiet bekannt. Allerdings sind die bekannten Metallurgiefunde aus Siedlungen (cf. Savognin-Padnal), die zahlreichen Verhüttungs- plätze mit Schlackenhalden und die bekannten Vererzungszonen bislang nie systematisch archäo- logisch und archäometallurgisch untersucht worden. Das in 2013 gestartete neue Projekt zum prähistorischen Bergbau im Oberhalbstein (seit 2015 ein DACH-Projekt in Kooperation mit den Universitäten von Innsbruck und Bochum) hat zum Ziel, diesem Sachverhalt mit einer breit angelegten, archäologischen und analytischen Grundlagenforschung zu begegnen, und einen komparati- ven Kontext zu anderen, weit besser bekannten Bergbaugebieten der Alpen (cf. Mitterberg, Österreich) herzustellen.
*SNF (DACH) Projekt Nr. 100011E-153668 / in Koop. mit Archäologischer Dienst Graubünden
Kampagne 2015
In einem vier bis sechs-köpfigen Team wurde
das Oberhalbstein auch 2015 während vier Wochen im Juni und Juli nach
Schmelzplätzen und Vererzungen durchforstet. Alte Plätze wurden wiederentdeckt
und neue Fundstellen durch Hinweise aus der Bevölkerung oder mit Hilfe der
inzwischen gut ausgebildeten Erz- und Schlacken-Spürnase ausfindig gemacht.
Neben dem Kernbereich rund um den Marmorerastausee wurden nun auch die untere
Talstufe (Raum Savognin) sowie Ausschnitte des benachbarten Avers und Engadin
unter die Lupe genommen. Eine Reihe besonders vielversprechender Fundstellen
wurden im September schliesslich in Zusammenarbeit mit Beate Sikorski vom
Deutschen Bergbau-Museum geomagnetisch prospektiert.
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Geomagnetische Messungen, Barscheinz (Schmelzplatz, Bivio GR) auf 1880 m ü. M. |
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Das Prospektionsteam macht sich auf, die historisch überlieferte, seit Jahrzehnten aber nicht lokalisierte Vererzung bei Bistgat oberhalb von Stierva/Mon ausfindig zu machen. |
Kampagnen 2016
Um die ungefähren Dimensionen ausgewählter
Schlackenhalden sowie weitere interessante Anomalien abzuklären, wurden 2016 in
einer zweiwöchigen Kampagne die Magnetogramme aus den Vorjahren mittels
Sondierbohrungen überprüft. Über hundert Pürkhauer-Bohrprofile wurden
dokumentiert und dabei auch ausserhalb der bereits bekannten Schlackenhalden so
manche verdächtige Lehm- oder Holzkohleschicht aufgespürt. Ohne grössere
Bodeneingriffe konnte so das Wissen über eine ganze Reihe von Fundstellen
wesentlich erweitert und gute Grundlagen für künftige Ausgrabungen geschaffen
werden. Um die vom Versenken und Herausziehen der Bohrprofiel müden Arme zwischenzeitlich
zu entlasten, wurden tageweise ausserdem weitere potentielle Rohstoffquellen
prospektiert.
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Bohrarbeiten im Bereich der Schlackenhalde von Caschegna in Bivio. Alle Bohrprofile wurden mit einem DGPS eingemessen, fotografiert, skizziert und beschrieben. |
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Erzprospektion im Val Natons, Marmorera – mit Kollegen der SGTK und der FBG. |
Kampagnen 2017
Der Feldsommer 2017 wurde unter anderem den
beiden grossen Abbaugebieten Cotschens und Avagna-Ochsenalp gewidmet. Im
Vorfeld einer zweiwöchigen Feldkampagne wurde durch den Archäologischen Dienst
Graubünden mit einer Drohne von beiden Fundstellen ein hochauflösendes
Geländemodell sowie Luftbilder erstellt. Auf dieser Grundlage wurden die beiden
Fundstellen im August genauer unter die Lupe genommen. Auf Cotschens konnte –
Dank der tatkräftigen Unterstützung durch das Schweizer Militär
(Helkopter-Einsatz), die Freunde des Bergbaus Graubünden, Luisa Karrer und
weitere – eine abgesoffene, feuergesetzte Grube auf knapp 2300 m ausgepumpt und
erstmals umfassend dokumentiert werden. Dabei kam Erstaunliches ans Licht:
zahlreiche gut erhaltene Holzfunde sowie eine mächtige Stratigraphie aus
Nutzungs- und Versatzschichten. Die Resultate der absloluten Dateriungen werden
mit Spannung erwartet…
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Marmorera-Cotschens (GR). Aus Luftbildern (Drohne) generiertes 3D-Modell der markanten, rotgefärbten Haupthalde von Cotschens. (Modell Christoph Walser und Amanda Zwicky, ADG) |
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Marmorera-Cotschens (GR). Blick in den feuergesetzten Untertagebau, noch in «abgesoffenem» Zustand. (Foto: Peter Thomas, Deutsches Bergbau-Museum Bochum) |
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Pumpe, Generator sowie weitere Ausrüstung für die Abpump-Aktion wurden dankenswerterweise durch das Schweizer Militär nach Cotschens geflogen. |
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